In der NZZ häuft sich der bildungsferne Journalismus

Die Neue Zürcher Zeitung ist die einzige Tageszeitung, die ich abonniert habe. In erster Linie tue ich das, weil die NZZ über ein hervorragendes Archiv seit dem 18. Jahrhundert verfügt und für jeden historisch interessierten Buchautor damit eine Quelle von hervorragender Qualität bietet. Der Nachteil für die NZZ: Ich rege mich zunehmend über die junge Generation von Journalisten auf, die jeglichen Bezug zu Wissenschaft, Geschichte und Fakten nicht nur ignorieren, sondern sie auch nicht in ihre tägliche Arbeit als „Rechercheure“ einbeziehen. In der Ausgabe vom 24. April 2024 darf Giorgio Scherrer seinen bildungsfernen Kommentar zu einem Thema verbreiten, von dem er offensichtlich wenig Background vorweisen kann und damit der unausrottbaren NIMBY-Legende zu einer unnötigen Verlängerung der irdischen Faktenlosigkeit verhilft (NIMBY: Not In My Backyard, nicht in meinem Garten, Anm. Autor). Er behauptet darin, dass das Argument „Nicht bei mir“ kein Argument sei und wir beide stimmen bis hierher überein.

Nicht einverstanden bin ich mit der Tatsache, dass Giorgio Scherrer damit suggeriert, es gäbe keine besseren Argumente gegen die systematische Landschaftsverschandelung durch Windkraftwerke und Photovoltaikfelder. Er bezeichnet diese von Experten längst als technischen Unsinn erkannten Windkraftwerke und Solarkraftwerke, welche unsere letzten Rückzugsgebiete in der Natur auch noch verschandeln sollen, als „… Chance für einen neuen Pakt zwischen Stadt und Land„. Was Giorgio Scherrer hier schreiben darf, ist nach einer mittlerweile jahrzehntelangen Diskussion um Kosten, Nachteile und Folgen für die Lebensqualität der Betroffenen nur noch als Ignoranz und blanker Hohn zu bezeichnen. Und Giorgio Scherrer vergisst komplett, dass die Energieproduktion schon heute zu einem grossen Teil auf dem Land und kaum in den Städten stattfindet (Nahrungsproduktion, alle Windkraftwerke, alle Atomkraftwerke, Speicherkraftwerke, Netzinfrastruktur). Es sind ausgerechnet die Städte, die ihr Solarpotenzial auf ihren vielen Dächern noch kaum ausschöpfen. Es ist die Grossstadt Basel, die vor ihrer Stadt ein wunderbares Atomkraftwerk Kaiseraugst aus rein ideologischen Gründen verhindert hat und nun darauf verzichten muss, die CO2-freie Abwärme daraus für ihre Gebäudeheizung nutzen zu können. Auch eine gut begründete, weltweite Wiedergeburt der Atomkraft kann den verklemmten energetischen Bremsklotz der Basler nicht lösen. Aber sie sind mit der linken Genossenschaft ADEV und mit politischem und finanziellen Profit für alle Linken Basler Politiker in Stände- National- und sogar Bundesrat stark beteiligt in der Verschandelung der Natur mit Windkraftwerken im Jura.

Vollends pervers sind die Gedanken von Giorgio Scherrer, wenn er sein Verständnis für das „… Unbehagen [… der Bevölkerung] über die Umsetzung der Energiewende […]“ erklärt und sofort klarstellt, dass dieses „Nicht in meinem Hinterhof-Denken“ zu einem Problem werden könne. Dieses vermeintlich argumentationslose „Unbehagen“ dieser unbelehrbaren Landbevölkerung wird bei Giorgio Scherrer „... für die Schweizer Energiepolitik zum Problem […]„. Weil das einzige Problem mit Windkraftwerken und Solarpanels im Kopf des Journalisten nur noch als der reine Egoismus der betroffenen Bevölkerung fungiert, schwenkt er nun abrundend zur Behauptung, die Landbevölkerung verpasse eine „Chance, das Verhältnis zwischen Stadt und Land, Berg und Tal neu zu denken„.

Giorgio Scherrer ist ein Vertreter einer Stadtbevölkerung, die viel Energie benötigt und sie selber nicht herstellen will, weil sie die wirkungsvollste und günstigste Variante Atomstrom seit 50 Jahren argumentationslos bekämpft und im Falle von Zürich sogar verbietet (Egoismus, gepaart mit Unwissenheit und ideologischer Verblendung). Auf der anderen Seite von Scherrers grüner Traumwelt lebt eine umweltbewusste, naturliebende und die Landschaft als Erholungsraum respektierende Landbevölkerung, die niemals auf den Gedanken kommen würde, diese wunderbare Natur mit dem Stress, der Dichte und dem Verkehrschaos einer Stadt einzutauschen. Wenn wir die Landschaft verbauen mit lärmigen Industriemonstern, beste Landwirtschaftsflächen zerstören mit monotonen Solarfeldern und der dafür notwendigen Infrastruktur wie Strassen, Stromleitungen und Transformatoren, unterscheidet sich das Land nicht mehr von den Städten.

Erst jetzt kommt das wichtigste Argument gegen diesen Grünstromwahn unserer bildungsfernen Elite, was Giorgio Scherrer wohl noch nie in den Sinn gekommen ist: Die grossflächige Zerstörung unseres Erholungsraums bringt auch den Städtern keine Lösung für eine sinnvolle, nachhaltige und umweltgerechte Energieversorgung, weil die damit produzierte Energie nicht nachhaltig, nicht umweltfreundlich und schon gar nicht billig ist. Um das erkennen zu können, reicht ein Studium der Geschichte und Politikwissenschaft an den Universitäten Zürich und Oxford leider nicht. Schon gar nicht hilft dem Autor des NZZ-Kommentars die Vergangenheit im Newsroom des Schweizer Fernsehens, denn dort lernt man vor allem die Sicht eines Propagandasenders von linker und grüner Ideologie, die Entfremdung von jeder Energie-Realität und eine sozialistische Verblendung, die sprachlich zum Beispiel ein ganzes Jahrzehnt lange 20’000 Todesopfer der Atomhavarie Fukushima konstruiert und das einzige nachweisliche Strahlenopfer der Atomhavarie entgegen allen WHO-Studien erst 13 Jahre später das erste Mal erwähnt (Tagesschau SRF, Zeitraum von 2011 bis 2024, da hat aus der Redaktion wohl jemand irrtümlich mein Buch „Entwarnung“ gelesen).

Wann beginnt die NZZ wieder, echten, kritischen Journalismus zuzulassen zu Fragen der Energie und vor allem: Den eigenen Journalismus zu Umweltfragen zu verpflichten zu einer offenen, kritischen Haltung der Journalisten und dem Gebot zur ehrlichen Berichterstattung? Es scheint, dass mit der NZZ die wohl letzte Bastion eines guten Journalismus im deutschsprachigen Europa ein trauriges Ende gefunden hat.

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